Zu Ehren des großen Schauspielers
„Am besten kann ich drei Dinge tun –
meine Arbeit, Dummheiten
und Kinder.“
(AlainDelon.)
1
Ein großer Junge mit langen, blonden Haaren und großen blauen Augen, der an den jungen Alain Delon erinnerte, stand am Bahnhof der Stadt N, atmete die kühle Morgenluft und versuchte zu begreifen: Endlich war er von den Röcken losgekommen. Zu Hause, in einer vom Schicksal vergessenen Stadt am Meer, hatte er alles zurückgelassen: die provinziellen Perspektiven, Mamas ständigen Hinweis auf die Mütze, die zauberhaften Kuchen der Großmutter und den geheimen Koffer mit Kindheitserinnerungen.
In seinem Kopf drehte sich nur ein einziger aufgeregter Gedanke: „Nun, jetzt wird alles anders.“
Er hielt seinen Rucksack an der Brust, als würde er nicht nur eine Tasche voller Sachen, sondern sein Schicksal tragen. Auf seinem noch bartlosen, aber durchaus männlichen Gesicht spiegelten sich sowohl leichte Verwirrung als auch eine riesige Vorfreude: Da war er, die Millionenstadt, pulsierend und glänzend, wo er, Gleb Majski, Journalismus erobern wollte.
Er hatte keine spezielle Ausbildung, außer zwei Jahren an einer Fischereifachschule. Doch vor seiner Flucht aus dem Heim hatte er ein Heftchen „Für dich, junger Reporter!“ gelesen und wusste ein wenig über Journalismusgenres und deren Unterschiede. In seinem Portfolio befanden sich ein paar winzige Notizen, die in einer Lokalzeitung mit einer Auflage von achthundert Exemplaren veröffentlicht worden waren.
Wirklich viel zu hoffen hatte er nicht, aber… irgendetwas war in den Himmeln passiert – er hatte Glück in der ersten Redaktion, bei der er sich beworben hatte. Nach einem kurzen Gespräch bekam er die Stelle des Nachtredakteurs auf einer Informationswebsite. Die Arbeit war nicht leicht, die Bezahlung versprach nur wenig, aber dafür gab es die Chance, sich zu etablieren.
An dieser Stelle sei gesagt, dass Gleb Majski seit seiner frühesten Kindheit davon träumte, Reporter zu werden – wie Hemingway zu Beginn seiner Karriere. Und da alle Träume wahr werden, wenn man ihnen entgegengeht, saß er schon nach ein paar Monaten in der Besprechung eines lauten Nachrichtenbüros der Zeitung „Abendblick“, kurz „AB“. Und er saß nicht nur dort, sondern versuchte verzweifelt zu verstehen, wie das alles funktionierte.
– Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Neuen, – kündigte die strenge Chefredakteurin Nina Wassiljewna an und fügte mit einem scharfen Blick hinzu: – Willkommen, junger Freund! Wenn du dachtest, du bist in einer Stadt voller großer Möglichkeiten angekommen, dann hast du nicht unrecht. Ich hoffe, du verstehst, dass wir hier keine Krabbelgruppe sind?
– Natürlich verstehe ich, – nickte Gleb und errötete unter dem Blick der Chefin.
– Bei uns ist es wie an der Front. Bist du bereit für Arbeit und Verteidigung? – fragte ihn seine Kollegin Vera mit einer rauen Stimme. Sie war eine elegante Frau Anfang dreißig, in abgenutzten Jeans, mit einem ständig missbilligenden Blick.
Gleb nickte schnell. Er hatte keine andere Wahl.
In der Redaktion wurde er herzlich aufgenommen. Ab dem ersten Tag war er mitten im Geschehen: Nachrichten, Artikel, Besprechungen, Deadlines – alles vermischte sich in einem rasanten Tempo. Die Redaktion lebte in ihrer eigenen Welt, ihrem Mikrokosmos, und Gleb merkte bald, dass er endlich eine Chance hatte, sich zu beweisen.
Doch bald erkannte er, dass die Hauptbesonderheit der Redaktion nicht das rasante Tempo war. Vielmehr waren es die Frauen. Neben ihm arbeiteten vier Kolleginnen, die allesamt eine treffliche Auswahl darstellten: klug, selbstbewusst, mit unterschiedlichen Charakteren und unglaublichem Charisma. Und irgendwie schien jede von ihnen plötzlich sehr an dem Neuen interessiert zu sein.